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Die Generalprokuratur und der Weisungsrat

Die Generalprokuratur ist eine staatsanwaltschaftliche Behörde. Ihre Einrichtung auf Ebene des Obersten Gerichtshofs und ihr exklusives Vertretungsrecht vor diesem begründen ihre Stellung als „Oberste Staatsanwaltschaft“.

Sie dient dem staatlichen Anliegen einer gesetzeskonformen Strafrechtspflege. Aus diesem Grund wird sie oft auch als „Rechtswahrerin“ bzw „Hüterin des Rechts“ bezeichnet.

Der Generalprokuratur kommt jedoch keine Weisungsbefugnis gegenüber den Oberstaatsanwaltschaften bzw. den Staatsanwaltschaften zu. Sie hat diesen gegenüber keine Aufsichtsbefugnis und sie nimmt auch keine Ermittlungs- oder Anklagefunktion wahr.

Die Aufgaben der Generalprokuratur, die nicht mit der Finanzprokuratur („Anwältin der Republik“) zu verwechseln ist, sind vielmehr folgende:

Bei Nichtigkeitsbeschwerden gegen Urteile von Schöffen- oder Geschworenengerichten stellt sie dem Obersten Gerichtshof ihre Expertise durch Stellungnahmen („Croquis“) zur Verfügung, um zur Rechtsfindung des Höchstgerichts beizutragen.

Außerhalb des Rechtsmittelverfahrens ruft sie den Obersten Gerichtshof im Wege der sogenannten „Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes“ (Wahrungsbeschwerde) an, um – losgelöst von jedem Parteiinteresse – die Gesetzmäßigkeit von strafgerichtlichen Entscheidungen zu überprüfen, offene Rechtsfragen zu klären, die Einheit der Rechtsprechung zu wahren und damit zur hohen Qualität der Strafrechtspflege beizutragen.

Bei Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention durch ein Strafgericht kann der Generalprokurator unter bestimmten Voraussetzungen einen Antrag auf „Erneuerung des Strafverfahrens“ beim Obersten Gerichtshof stellen.

Unterlaufen Strafgerichten nicht in rechtlicher, sondern in faktischer Hinsicht Fehlbeurteilungen, kann der Generalprokurator bei aktenkundigen erheblichen Bedenken einen Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens im außerordentlichen Weg zu Gunsten des Verurteilten stellen.

Als oberste staatsanwaltschaftliche Organisationseinheit entscheidet die Generalprokuratur weiters über (den Sprengel einzelner Oberstaatsanwaltschaften übergreifende) Zuständigkeitsfragen der Staatsanwaltschaften im Ermittlungsverfahren.

Schließlich kommt der Generalprokuratur ein Mitwirkungsrecht in Disziplinarverfahren gegen Richter*innen, Notar*innen, Rechtsanwält*innen, Rechtsanwaltsanwärter*innen und gegen die Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofs sowie im Amtsenthebungsverfahren gegen ein Mitglied oder Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofs zu.

Bei seiner Aufgabenerfüllung wird der Generalprokurator von „Ersten Generalanwält*innen“ unterstützt, welchen im Sinne eines qualitätssichernden Mehr-Augen-Prinzips insbesondere auch die Revision (Prüfung) der Erledigungen der Generalanwält*innen übertragen ist.

Bei der Generalprokuratur ist organisatorisch auch der Weisungsrat eingerichtet. Ihm gehören – weisungsfrei – der Generalprokurator als Vorsitzender und zwei weitere (nicht aktiv in der Justiz tätige) Strafrechtsexpert*innen an. Der Weisungsrat berät die Justizministerin, wenn diese beabsichtigt, eine Weisung zu erteilen, weiters bei außergewöhnlichem Interesse der Öffentlichkeit an einer Strafsache oder aus Befangenheitsgründen sowie bei Strafsachen gegen oberste Organe der Vollziehung bzw. Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs, des Verwaltungsgerichtshofs, des Obersten Gerichtshofs sowie der Generalprokuratur.

Näher Informationen zur Generalprokuratur und zum Weisungsrat finden sich auf www.generalprokuratur.gv.at.

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