Aufgaben der Staatsanwaltschaften
Bereits die Bundesverfassung legt die beiden Kernaufgaben der Staatsanwaltschaft – als Organ der Gerichtsbarkeit – fest: In Verfahren wegen mit gerichtlicher Strafe bedrohter Handlungen nimmt sie Ermittlungs- und Anklagefunktionen wahr. Die Strafprozessordnung regelt das Verfahren zur Aufklärung von Straftaten und legt dabei detailliert Rechte und Pflichten der damit betrauten Akteure – Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht – fest.
1. Leitung des Ermittlungsverfahrens:
Die Staatsanwaltschaft leitet das Ermittlungsverfahren. Sie ist verpflichtet, jeden ihr zur Kenntnis gelangenden Anfangsverdacht einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung – mit Ausnahme von Privatanklagedelikten – von Amts wegen zu verfolgen. Dabei bedient sie sich der Polizei, die – in diesem Teilbereich – als Kriminalpolizei im Dienste der Strafrechtspflege tätig ist.
Die Strafprozessordnung differenziert zwischen Ermittlungsmaßnahmen, die die Kriminalpolizei aus eigenem vornehmen kann (zB Einvernahmen) und solcher, die durch die Staatsanwaltschaft anzuordnen sind (zB verdeckte Ermittlung, Obduktion). Bestimmte grundrechtsrelevante Eingriffe bedürfen überdies einer gerichtlichen Bewilligung, um von der Staatsanwaltschaft angeordnet werden zu können (z.B. Festnahme, Hausdurchsuchung).
Einige Entscheidungsbefugnisse kommen – trotz der Leitung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft – dem Gericht zu (Verhängung der Untersuchungshaft; Überprüfung einer beantragten Fortführung des Ermittlungsverfahrens).
Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei haben im Ermittlungsverfahren die Wahrheit zu erforschen und alle Tatsachen aufzuklären, die für die Beurteilung der Tat und des Beschuldigten von Bedeutung sind. Das Objektivitätsgebot verpflichtet dabei, entlastende Beweise mit der gleichen Sorgfalt zu erheben wie belastende.
Liegt aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens eine Verurteilung nahe, erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage. Das Anklagemonopol liegt – bereits verfassungsrechtlich vorgesehen – bei der Staatsanwaltschaft. Diese entscheidet alleine, ob und in welchem Umfang Anklage erhoben wird. Vice versa darf gegen ihren Willen ein Strafverfahren nicht geführt werden.
Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (insbesondere bei minderschwerer Kriminalität) kann die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten alternativ eine diversionelle Erledigung – die die Zustimmung des Beschuldigten voraussetzt – anbieten: Die Strafprozessordnung stellt dabei vier unterschiedliche Maßnahmen (Geldbuße, gemeinnützige Leistungen, Probezeit oder Tatausgleich) zur Verfügung. Nach erfolgreicher Diversion tritt die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat zurück; der wesentliche Vorteil für den Beschuldigten liegt darin, dass er dadurch nicht vorbestraft ist.
In allen anderen Fällen, insbesondere dann, wenn der ermittelte Sachverhalt keinem gerichtlich strafbaren Tatbestand zu unterstellen ist, rechtliche Erwägungen einer Verurteilung entgegen stehen (zB Verjährung) oder die vorliegenden Beweise für eine Verurteilung nicht ausreichen, ist das Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft einzustellen.
2. Ankläger im Hauptverfahren:
Im Fall der Erhebung einer Anklage geht die Leitung des Verfahrens auf das dafür zuständige Gericht (im Wesentlichen abhängig von der Strafdrohung das Bezirksgericht, der Einzelrichter beim Landesgericht, das Schöffengericht oder das Geschworenengericht) über. Die Staatsanwaltschaft, die die Anklage in diesem Verfahren zu vertreten und den Strafanspruch des Staates durch entsprechende Antragstellung zu betreiben hat, wird zur Beteiligten des Hauptverfahrens.
Das Gericht hat (wie schon die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren) alle zur Belastung und zur Verteidigung des Angeklagten dienenden Umstände unmittelbar zu erforschen und letztlich über den angeklagten Sachverhalt zu urteilen.
Gerichtliche Entscheidungen können in der Regel sowohl von der Staatsanwaltschaft als auch vom Angeklagten angefochten werden. Der Instanzenzug bestimmt sich dabei danach, welches Gericht in erster Instanz entschieden hat und um welche Form der (bekämpften) Entscheidung es sich handelt.
3. Weitere Aufgaben:
Daneben fallen auch Auslieferungs- bzw Übergabeverfahren und Rechtshilfeagenden sowie Ehenichtigkeitsklagen in den Aufgabenbereich der Staatsanwaltschaften.