Berufskodex
Präambel
Als Organe der Gerichtsbarkeit im Sinne des Artikel 90a des Österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes und somit Teil der dritten Staatsgewalt bekennen sich die Österreichischen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zur Grundsatzerklärung der Vereinigung Österreichischer Richterinnen und Richter vom 8. November 2007 („Welser Erklärung“) sowie zu den „Standards of professional responsibility and statement of the essential duties and rights of prosecutors“ (Berufskodex der Internationalen Vereinigung der Staatsanwälte) vom 23. April 1999 und beschließen folgenden Berufskodex:
Artikel I
Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit
Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sind dem demokratischen Rechtsstaat sowie der Wahrung der Menschen-, Grund- und Freiheitsrechte verpflichtet.
Artikel II
Grundsätze staatsanwaltschaftlichen Handelns
Staatsanwältinnen und Staatsanwälte nehmen ihre Aufgaben objektiv und unparteilich wahr. Ihr Handeln ist entschlossen, frei von rechtswidriger Einflussnahme und Furcht vor Nachteilen.
Artikel III
Unabhängigkeit
Entscheidungen erfolgen in persönlicher Überzeugung streng nach dem Gesetz. Rechtswidrige Interventionsversuche werden zurückgewiesen und den Anschein der Parteilichkeit erweckendes Verhalten abgelehnt.
Artikel IV
Entscheidungsfindung
Entscheidungen werden so sorgfältig, rasch und verständlich wie möglich getroffen.
Artikel V
Aus- und Fortbildung
Staatsanwältinnen und Staatsanwälte bekennen sich zur ständigen Fortbildung. Bei der Aus- und Fortbildung vermitteln sie auch die Werte dieses Berufskodex.
Artikel VI
Außerdienstliches Verhalten
Staatsanwältinnen und Staatsanwälte bekennen sich auch außerhalb des Dienstes zur Wahrung des allgemeinen Ansehens und der Würde ihres Berufsstandes.
Artikel VII
Gesellschaftspolitisches Engagement
Gesellschaftspolitisches Engagement orientiert sich an den Grundsätzen dieses Berufskodex. Parteipolitische Tätigkeit schadet der Glaubwürdigkeit des Berufsstandes und erweckt den Anschein von Einflussnahme und Abhängigkeiten.
Artikel VIII
Öffentlichkeit und Medien
Verantwortungsvolle Berichterstattung der Medien erfüllt eine wichtige Aufgabe in der Gesellschaft. Staatsanwaltschaftliches Handeln schafft Informationsbedarf und soll unter Wahrung der Rechte der Verfahrensbeteiligten den Medien eine objektive Berichterstattung ermöglichen.
Artikel IX
Rahmenbedingungen
Zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben sowie Wahrung der Grundsätze dieses Kodex treten Staatsanwältinnen und Staatsanwälte für die Schaffung und Aufrechterhaltung notwendiger Rahmenbedingungen ein, insbesondere für:
1. eine den Grundsätzen von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschen-, Grund- und Freiheitsrechten verpflichtete Gesetzgebung;
2. Schutz vor sachfremder Einflussnahme;
3. angemessene Arbeitsbedingungen, insbesondere personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung sowie Entlohnung und Pensionsbezüge;
4. ein faires und objektives – den Grundsätzen von Qualifikation, Integrität, Leistung und Erfahrung verpflichtetes – Auswahl- und Ernennungsverfahren;
5. die Verbundenheit zum richterlichen Berufsstand, vor allem durch gemeinsame Aus- und Fortbildung sowie wechselseitige Durchlässigkeit;
6. Schutz der körperlichen Sicherheit ihrer eigenen Person sowie ihrer Angehörigen; und
7. den Bestand ihrer Interessenvertretungen.