Die Regierung nimmt künftig jährlich EUR 70 Mio. für den Verteidigungskostenersatz in die Hand. Dieser soll laut dem Ministerialentwurf auch bei der Einstellung eines Ermittlungsverfahrens zustehen. Für den Mehraufwand bei den ohnehin schon massiv überlasteten Staatsanwaltschaften ist keine einzige Planstelle vorgesehen.
Zur Einordnung: ein:e Staatsanwalt/Staatsanwältin, der:die jährlich an die 500 Verfahren erledigt, kostet dem Steuerzahler in etwa so viel wie künftig die durchschnittliche Verteidigung in 25 eingestellten Ermittlungsverfahren oder bei fünf Freisprüchen in Schöffenverfahren. Dazu muss man wissen: die Staatsanwaltschaft muss jeden Anfangsverdacht in einem Ermittlungsverfahren prüfen, darf aber nur anklagen, wenn eine Verurteilung wahrscheinlicher erscheint als ein Freispruch. Mehr als die Hälfte der Verfahren wird daher eingestellt.
Wir fordern:
- kein Kostenersatz bei rechtswidrigem und schuldhaftem Verhalten, wenn die Einstellung aus rechtlichen Gründen (zB Verjährung, Begehung im Familienkreis, bei Strafunmündigkeit) erfolgt;
- keine Begünstigung von Beschuldigten, die eine lange Verfahrensdauer oder besondere Komplexität von Verfahren selbst verursacht haben. Der Entwurf sieht nämlich vor, dass die Wahl besonders komplizierter Schachtelfirmen-Konstrukte, die Verschiebung von Geldern ins Ausland, die Einbindung von Briefkastenfirmen oder überhaupt Ermittlungen im „Bereich der organisierten Kriminalität“ besonders zu berücksichtigen sein und den Zuspruch eines höheren Ersatzbetrages zur Folge haben sollen.
- kein rückwirkendes Inkrafttreten, weil die zu erwartende Flut an Anträgen von Staatsanwaltschaften und Gerichten kaum bewältigt werden kann und zu einer Verzögerung anderer Verfahren führen kann;
- ausreichende personelle Dotierung des Mehraufwands bei Staatsanwaltschaften und Gerichten;