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Voraussetzungen der Untersuchungshaft

Untersuchungshaft ist die Verhängung der Haft über einen Beschuldigten, dessen Schuld (noch) nicht vom Strafgericht nach Durchführung eines Strafverfahrens rechtskräftig festgestellt worden ist. Während der Untersuchungshaft ist somit gerade (noch) nicht bewiesen, dass der Beschuldigte die Straftat begangen hat, weshalb er von Gesetzes wegen als unschuldig gilt. Weil es dennoch notwendig sein kann, dass ein Beschuldigter bereits während des Verfahrens in Haft genommen wird, gibt es das Instrument der Untersuchungshaft, das auf Grund dieses Ausnahmecharakters jedoch an strikte Voraussetzungen gebunden ist:

Wichtigste Voraussetzung der Untersuchungshaft ist ein sogenannter dringender Tatverdacht, es muss nach den zur Verfügung stehenden Beweise in einem bereits erheblichen Ausmaß naheliegen, dass der Beschuldigte die Straftat begangen hat. Zusätzlich ist noch ein Haftgrund erforderlich, wobei nach den unterschiedlichen Zwecken Tatbegehungs-, Verdunkelungs- und Fluchtgefahr unterschieden werden. Tatbegehungsgefahr meint, dass durch die Untersuchungshaft die Begehung weiterer Straftaten durch den Beschuldigten verhindert werden soll, wobei die Voraussetzungen (vor allem) nach Schwere und Anzahl der nach der (dringenden) Verdachtslage begangenen Straftat(en) abgestuft sind. Bei Verdunkelungsgefahr soll durch die Untersuchungshaft verhindert werden, dass der Beschuldigte wichtige Beweismittel beeinträchtigt; bei Fluchtgefahr, dass der Beschuldigte flüchtet oder sich sonst dem Verfahren entzieht. Für beide Voraussetzungen (dringender Tatverdacht und Haftgrund) müssen sogenannte „bestimmte Tatsachen“ vorliegen, was bedeutet, dass dafür allgemeine Erfahrungstatsachen (etwa, dass es immer wieder vorkommt, dass Beschuldigte weitere Straftaten begehen, verdächtige Gegenstände oder Unterlagen verstecken oder flüchten) nicht ausreichen, sondern diese sich aus dem konkreten Einzelfall ergeben und unter konkreter Bezugnahme auf diesen begründet werden müssen. Weiters darf Untersuchungshaft auch nicht unverhältnismäßig sein, sie darf also nicht außer Verhältnis zur zu erwartenden Strafe stehen, sodass bei Bagatelldelikten Untersuchungshaft auch bei Vorliegen eines Haftgrundes nicht in Frage kommt und ihre Dauer jedenfalls fortlaufend zu überprüfen ist. Schließlich ist die Untersuchungshaft nur letztes Mittel und darf daher nur verhängt werden, wenn ihr Zweck nicht durch gelindere Mittel wie etwa Weisungen erreicht werden kann. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Untersuchungshaft auch mittels „Fußfessel“ (Elektronisch überwachter Hausarrest) vollzogen werden. Bei schwersten Straftaten wie etwa Mord ist bei Vorliegen eines dringenden Tatverdachtes nur dann keine Untersuchungshaft zu verhängen, wenn sämtliche Haftgründe ausgeschlossen werden können. Demgegenüber sind bei Jugendlichen die Voraussetzungen für die Verhängung von Untersuchungshaft strenger und setzen beispielsweise schwere Straftaten voraus; auch die Dauer ist enger begrenzt.

In formaler Hinsicht darf die Untersuchungshaft nur über Antrag der Staatsanwaltschaft von einem unabhängigen Richter verhängt werden, der davor den Beschuldigten zur Sache (dem Tatverdacht) und zu den Haftgründen einvernehmen muss.

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